Klaus die Weihnachtsgans

"Alles, was weg laufen kann, ist wert, gegessen zu werden", erinnerte sich Klaus. Dass dieses Konzept ihm einmal das Genick brechen würde, ist Klaus leider zu spät klar geworden. Seine Mama hatte ihm diese weisen Worte beigebracht, als er noch ein kleines, unerfahrenes Küken war. Damals, nachdem sie das warme Nest verliessen, und die Welt um sie herum ihr neues Zuhause wurde. "Die Welt gehört euch! Es gibt Nahrung im Überfluss! Esst! Werdet gross!" Das waren die Worte der stolzen Eltern. Daran erinnerte er sich gerne. Die weiten Wiesen. Das leckere Gras. Insekten und Getreide.

Er erinnerte sich nur schwach an den Tag, an dem die Eltern verschwanden. Er hatte den Tag über auf der grossen Wiese verbracht. Abends waren sie einfach nicht mehr da. Spurlos verschwunden.

Aber das war jetzt schon sehr lange her. Damals, als die Tage länger wurden. Jetzt wurden die Tage kürzer. Viel kürzer. Für seinen Geschmack zu kurz. "Aber darauf habe ich keinen Einfluss", dachte er. "Aber was soll's. Dafür gibt es noch mehr zu Fressen". Abends gab es jetzt immer eine extra Portion Mais.

Erst kürzlich war sein Cousin Martin verschwunden. Klaus fand immer, dass Martin etwas unsportlich und dick war und nicht so herausgeputzt wie die anderen. Aber das hatte den Bauern nie gestört. Er hat sich immer sehr über Martin gefreut und ihn mit einer Extra Portion Futter belohnt.

"Naja, der Martin, der wird wohl in die weite Welt hinaus sein". Womit Klaus gar nicht falsch lag. Denn Martin hatte tatsächlich eine große Reise angetreten: Nicht die Welt, aber zumindest halb Europa.

Denn Klaus war sich der Tatsache nicht bewusst, dass Menschen Gänse gern haben. Zum "fressen gern". Besonders zur Weihnachtszeit.